Eine Kritik an der Systemkritik

Nicht das System handelt, sondern der Mensch. Und nicht mit einer neuen Spezies Mensch, die alles richtig macht, sondern mit der einzigen, die es gibt und die wir alle kennen, müssen wir unser eigenes Handeln so verändern, dass sich die Umstände verbessern.

Das sind im Großen und Ganzen die wichtigsten Thesen der Polemik von Gerrit Wustmann, erschienen bei telepolis. Das Problem mit der Idee des „neuen Menschen“, aus welchem Munde sie auch kommen mag, ob von Engels, von Biotechnologen oder von Rechtsintelektuellen, sie lebt immer von der Idee, dass es eine absolute Wahrheit und auf der anderen Seite die Lüge gibt. Und selbstverständlich müssen diejenigen Menschen, die der Lüge verfallen sind, irgendwie aus dem Weg geräumt oder bekehrt werden. Jedes Verurteilen einer Gruppe in der Gesellschaft lebt von diesem Gedanken. Jeder absolute Anspruch an die Menschheit tut das. Das Doppelmoral von Seiten des Philosophierenden hier keine Seltenheit ist, das brauche ich wohl nicht näher auszuführen – niemand kann solche Ideale erfüllen, schon gar nicht der Fordernde selbst.

Derlei Kritik geht häufig, wenn nicht gar immer, so Wustmann, mit Kritik „am System“ einher – „der Mensch“ sei der Systemschwindelei verfallen und rebelliere darum nicht dagegen. Allerdings handelt ja nicht das System selbst, sondern jene Menschen, die ihn im leben. Ihre Aufgabe ist es folglich, durch Politik die Rahmenbedingungen (nicht die konkrete Situation jedes Einzelnen) so zu verändern, dass sich die Lage für möglichst viele Menschen verbessere. Und dies immer wieder zu tun. Sich ständig selbst zu hinterfragen und entsprechend zu agieren, das ist der springende Punkt. So wird niemand zum Verlorenen, weil der „Lüge“ verfallen und niemand kann von sich behaupten, die Wahrheit zu besitzen.

Mit absoluten Ansprüchen und mit dem allzu Simplen für nichtig Erklären eines gesamten Systems kommt man nicht weiter als bis zur nächsten großen Ungerechtigkeit.

Liest sich leicht, leichter als meine Zusammenfassung, denke ich, und bringt auf den Punkt, warum diejenigen, die selbstreflektiert und rücksichtsvoll sind, nicht als Gutmenschen abgestempelt werden dürfen. Ich fand’s toll.

http://www.heise.de/tp/artikel/48/48371/2.html

 

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